März

Tweed – zeitloses Understatement mit britischem Charme

von Sam - 15 Oct, 2021

Bei Tweed handelt es sich um ein Textilgewebe, das in Schottland seinen Ursprung hat. Die dort stark verbreitete Schafzucht wie auch die herbe Witterung brachte die Menschen dazu, einen Wollstoff herzustellen, der den klimatischen Bedingungen trotzt und gleichzeitig wärmt. Zunächst waren es vorwiegend Decken und Umhänge aus Tweed; erst später entdeckte die Modewelt das Gewebe und das Muster für sich.

Der Name geht – so vermuten viele – auf den gleichnamigen schottischen Fluss zurück. Sprachwissenschaftler dagegen sehen die Entwicklung aus dem Begriff „tweel“ heraus, der im Deutschen mit Zwillich zu übersetzen ist. Dies weist auf die charakteristische Webart mit 2 Fäden hin. Dadurch entsteht die typische Musterung. Obwohl es sich bei Tweed um einen sehr robusten Stoff handelt, weist er einen sehr hohen Tragekomfort auf: Er schmiegt sich an den Körper. Tweed-Kleidung ist inzwischen leicht, aber wärmend, atmungsaktiv und sehr weich im Griff. Die Robustheit des Stoffs garantiert eine lange Lebensdauer.

Tweed – noch zeitgemäß? 

Nicht jeder trägt klassische Tweed-Kleidung, der immerhin eine gewisse Nostalgie und für viele auch etwas Altmodisches anhaftet. Diese Vorstellung sollte revidiert werden, denn der Stoff bietet viele Vorteile, die auf der Hand liegen. Bevor wir näher auf die Geschichte des Tweed eingehen, möchten wir uns der Frage widmen, warum mindestens ein Kleidungsstück aus Tweed im Schrank hängen sollte und wie heute Tweed getragen und kombiniert werden kann.

Klassischer Anzug aus Tweed

4 Tipps – Tweed zu kombinieren
 

Tweed im Alltag tragen – Stilbruch zum Casual Look 

Gerade Tweed-Jacketts oder Sakkos passen perfekt zu einer Jeans und Freizeitschuhen. Das Outfit wirkt so klassisch, aber mit einem modernem Anstrich.

Unendliche Kombinationsmöglichkeiten

Die passende Hose zum Tweed-Jackett oder Sakko sieht edel aus, aber Vorsicht, das kann auch sehr schnell bieder wirken und Sie älter aussehen lassen, als Sie sind. Setzen Sie deswegen Akzente mit einem anderen Wollstoff oder Kleidungsstücken, die aus Baumwolle hergestellt sind.

Materialmix

Tweed kann sehr gut mit Kleidungsstücken aus leichten Materialien wie Seide oder Leinen kombiniert werden. So passt sehr gut ein Seiden- oder Leinenhemd zur klassischen Tweed-Hose oder Sakko.

Accessoires zum Tweed

Die Accessoires zur Tweed-Kleidung sind ebenso vielfältig wie das Gewebe selbst. Selbstverständlich sollten auch sie von ausgesuchter Qualität sein. Gürtel und Schuhe bestehen aus hochwertigem Leder und sind meist schlicht elegant designt. Schal und Halstuch bestehen vielfach aus Seide oder Mohair und passen sich farblich dem gesamten Erscheinungsbild an. 
 

Was macht Tweed so besonders?

Die hochwertige Qualität mit den ausgezeichneten Trageeigenschaften bei Kälte wie auch bei höheren Temperaturen macht das Gewebe zu einem der beliebtesten überhaupt. Die Langlebigkeit rechtfertigt auch den höheren Anschaffungspreis. Die Tragbarkeit ist keine Frage des Alters. Zum formellen Anlass eignet sich das Gewebe sehr gut, aber es kann auch im Alltag als Stilbruch getragen werden, um das Outfit modern zu gestalten. Da verschiedene Designer inzwischen auch moderne Schnitte, Farben und Muster entwickeln, abseits des klassischen Webmusters Tartan, kann jeder von uns ein solches Kleidungsstück tragen.

Tweed – zahlreiche Varianten bei der Kleidung

Stilvolles Outfit mit Tweed Das schottische Gewebe zeichnet sich dank seiner Einzigartigkeit durch eine Vielfalt an Kombinationsmöglichkeiten aus. Der traditionelle Anzug und das Sakko für den Herrn ist nach wie vor der Klassiker, möglichst nach Maß gearbeitet. Er ist das einzige Kleidungsstück, das nach Ansicht der konservativen Fachleute komplett aus Tweed bestehen darf. Bei den übrigen Varianten gehört ein völlig anderer Stoff dazu.

Tweed – auch für die jüngere Generation

Inzwischen haben auch junge und unkonventionelle Labels den Tweed für sich entdeckt und sprechen damit gezielt die Jüngeren an. Auch sie wollen größtenteils nicht auf den klassischen Stoff aus Garn verzichten. Dabei kommen jedoch frischere Farben und auch andere Muster zum Einsatz. Hier gibt es sogar Pink, leuchtendes Gelb und Türkis – einzeln oder kombiniert. Die Kleidungsstücke weisen zwar auch die klassischen Muster auf, werden aber ebenfalls einfarbig angeboten. Zudem trägt die junge Generation nur in Ausnahmefällen Anzüge; deshalb verarbeiten die Designer den klassischen Stoff zu Miniröcken, Shorts und lässigen Jacken.

 

In letzter Zeit gehen die Designer auch dazu über, völlig andere Kleidungsstücke aus dem edlen Stoff herzustellen. Für Herren ist das Jackett nach wie vor angesagt, für Damen darüber hinaus Röcke, sogar in ganz kurzer Variante, sowie Shorts. 
Sehr lässig und nur für selbstbewusste Frauen und Männer zu tragen sind die Knickerbocker. Bei Oldtimerfahrten sieht man zwar vielfach die Herren ihrem Cabrio so entsteigen, aber im Alltag gehört doch etwas Mut zum Ausgefallenen dazu. Viele Befürworter des Tweeds spielen aber auch bewusst mit der alten Tradition des Stoffes aus Schottland und tragen Schuhe im Stil der 1920er Jahre.
 

Tweed – das passende Zubehör

Stilvolles Outfit mit Tweed Tweed Anzüge und Manschettenknöpfe: Der zeitlose Stil kommt auch bei Manschettenknöpfen und Krawattennadeln zum Tragen. Sie sollten ebenfalls den vornehmen Look unterstreichen – weniger ist dabei mehr. Das bedeutet: hochwertige Qualität in schlichtem Design. Accessoires aus Gold oder einem anderen Edelmetall sollten matt poliert sein, damit sie nicht zu sehr ins Auge fallen – ganz im Sinne des britischen Understatements. Ein kleines Dekor, etwa ein Brillant oder eine Perle, ist durchaus möglich, wenn Manschettenknöpfe und Krawattennadel zur klassischen Tweed-Kleidung getragen werden.

Harris-Tweed – der Inbegriff des Tweeds

Auf den Äußeren Hebriden bei Schottland entsteht der Harris-Tweed. Die karge und entlegenste Inselgruppe im British Kingdom ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts federführend bei der Herstellung dieses besonders edlen Stoffs. Kurz vor der Jahrtausendwende erhielt er den Herkunftsschutz. Das bedeutet: Diesen Namen darf ausschließlich ein Gewebe tragen, das von den Äußeren Hebriden stammt – in Heimarbeit aus Wolle der dort lebenden Schafe von Hand gewebt. Die Tweed Authority überprüft genau, ob diese Regeln eingehalten werden. Am Ende erhält jede einzelne Stoffbahn das begehrte Qualitätssiegel, das diesen Stoff besonders angesehen und auch teuer macht.
Auf Harris and Lewis, der größten Insel der Äußeren Hebriden, gibt es insgesamt drei Spinnereien. Sie genügen diesen hohen Anforderungen. Im Herbst 2012 erwarb ein chinesischer Hersteller von Anzugsstoffen 25 Prozent an einer von ihnen, wovon sich der Eigner einen großen wirtschaftlichen Aufschwung erhofft (Quelle: faz.net vom 23.März 2013).
Tweed, auch derjenige, der sich nicht Harris-Tweed nennen darf, ist ein sehr hochwertiger, recht seltener und daher auch teurer Stoff. Deshalb werden vielfach andere Fasern beigemischt wie Viskose, Baumwolle oder Polyester, was die hervorragenden Eigenschaften des Stoffs aber nicht beeinträchtigt. Oft greifen die Weber sogar zu dezenten Fäden aus Lurex, die dem Tweed einen feinen Glanz verleihen. In verschiedenen anderen Ländern, so auch in Deutschland, wird ebenfalls ein dem Tweed ähnlicher Stoff hergestellt. Daran wird deutlich, wie beliebt dieses Gewebe ist, zumal es die allerbesten Trageeigenschaften besitzt.

Tweed – der Stoff für den englischen Gentleman

Für den englischen Herrn ist und bleibt jedoch der reine Tweedstoff das einzig Wahre. Er kann ländlich und zugleich elegant wirken. Die einzigartige Stimmung der schottischen Highlands spiegelt sich in den Erdfarben wider, in denen die Klassiker gearbeitet sind: Braune, rostrote, ocker- und beigefarbene Nuancen sowie die berühmte Salz-Pfeffer-Mischung überwiegen. Seltener kommen weiche Melangen aus Grün- und Blautönen zum Einsatz. Dabei präsentieren sich die Muster sehr dezent. Die Klassiker wie Fischgrät, Nadelstreifen und große oder kleinere Karos sind die bevorzugten Varianten. Beides zusammen ergibt den typischen Stil, den nahezu jeder mit dem englischen Gentleman in Verbindung bringt: dezent, konservativ, individuell und dabei elegant. Kleidung aus Tweed passt sich dabei jeder Gelegenheit an. Auf der Rennbahn ist sie ebenso zu sehen wie im Oldtimer, im British Club, in der Geschäftswelt und bei diversen Outdooraktivitäten. Genau das macht Tweed zeitlos.
Tweed ist bekannt dafür, dass er sich an den Körper anschmiegt. Dennoch neigen die meisten Schneider dazu, Jacken in klassischer Form mit zwei Schlitzen hinten zu produzieren, weil auf diese Weise noch mehr Freiraum gegeben ist. Und der Wunsch danach ist allen Anhängern des eleganten Wollstoffs eigen. Nach außen zeigt er sich auch in lässigen Blousons oder anderen Stücken, die immer locker – und dennoch figurbetont – geschnitten sind. Tweedanzug

Schottland und der Tartan

Die Liste des schottischen Tartans ist lang – das typische Karomuster entsteht beim Weben der unterschiedlichen Farben des Garns oder der Schurwolle. Früher variierten die Tartans und das Muster je nach Region. Im 16. Jahrhundert begann die eindeutige Zuordnung von Clans zu dem entsprechenden Tartan.

Tweed heute

Anders sieht es beim Tweed für junge Leute aus. Ihre Kleidung aus dem begehrten Stoff präsentiert sich meist farbenfroh und unkonventionell. Dennoch greift auch diese Generation gerne auf das klassische Modezubehör zurück. Daher dürfen hier Krawattennadel, Manschettenknöpfe und Schale gerne farbenfroh und auffällig aussehen. Das Schottenkaro ist einfach ein Evergreen!

Tweed – sorgfältige Pflege

Insgesamt ist Tweed-Stoff äußerst robust und pflegeleicht, wenn er sich auch sehr elegant präsentiert. Das gilt zumindest für den Tragekomfort. Aber es ist zu bedenken, dass es sich bei dem wertvollen und beliebten Gewebe aus Schottland um Wolle bzw. Schurwolle handelt. Daher bedarf es sorgfältiger Handhabung bei der Reinigung. Maschinenwäsche ist grundsätzlich verboten, auch kräftiges Wringen verträgt es nicht. Nach der Handwäsche mit einem milden Feinwaschmittel sollte das Kleidungsstück lediglich leicht ausgedrückt und anschließend vorsichtig in Form gezogen werden. Zum Trocknen legt man es auf ein Tuch, aber möglichst nicht zu nah bei der eingeschalteten Heizung. Die Reinigung in einem darauf spezialisierten Betrieb ist auch möglich und zumindest bei größeren Textilien wie Jacken und Hosen anzuraten.